Worauf Sie beim Sattelkauf achten müssen
Im Frühjahr sind sicher einige Reiter auf der Suche nach einem neuen Sattel für die nächste intensive Reitsaison. Daher denke ich, dass der Zeitpunkt günstig ist, um einige Punkte wiederholen, die ich bereits anderswo kurz angesprochen habe. Grundsätzlich lohnt es sich, wenn Sie sich die Neun Punkte der Sattelanpassung anschauen. Sie ist eine gute Richtlinie, doch es gibt noch ein paar Extrapunkte, auf die ich im Folgenden zu sprechen komme.
Man kann die Kunst, einen Sattel auf sowohl das Pferd als auch die Reiterin anzupassen, nicht in wenigen Sätzen beschreiben. Tatsächlich kann man auf diesem Gebiet jeden Tag dazulernen, denn jede Kundin bringt etwas Neues mit, das es zu beachten gilt. Vielleicht handelt es sich dabei nicht um Zauberei, aber es ist eine Wissenschaft für sich, die zusätzlich mit der Kunst, den Sattel dann auch fachgerecht zu bauen, zusammenhängt. Es ist wichtig, eng mit Tierärzten und Physiotherapeuten und anderen kompetenten Pferdespezialisten zusammenzuarbeiten, um das optimale Zusammenspiel von Pferd, Reiterin und Sattel permanent zu gewährleisten. Die Anatomie von Pferd und Reiterin sind das hauptsächliche Kriterium für die Wahl des korrekten Sattels. Wenn Sie also einen neuen Sattel suchen oder bekommen sollen, sollten Sie nicht einfach einen hübschen Sattel kaufen oder sich schenken lassen. Pferd und Reiter/in müssen bei der Auswahl einbezogen werden. Häufig sind leider gerade die hübschen Sättel nicht besonders pferdefreundlich, selbst wenn sie von prestigeträchtigen Sattelherstellern gebaut wurden.
Hier wird die Reiterin ausgemessen, damit der Sattel korrekt angepasst werden kann
„Ein gut durchdachter, gut angepasster Sattel ist die wesentliche Grundlage dafür, dass Pferd und Reiter Leistung erbringen können. Welcher Satteltyp auch immer gewählt wird, die wichtigste Frage ist, ob er Pferd und Reiter/in passt. Damit man herausfinden kann, ob das der Fall ist, muss der Reiter im Sattel sitzen und der Sattel muss auf dem Pferd liegen, bevor man ihn kauft. Ein Sattel, der nicht richtig passt, verursacht nicht nur Unbehagen bei Pferd und Reiterin, sondern kann auch verhindern, dass sich das Pferd korrekt und frei bewegt. Der Baum und die Kissen müssen zum Pferd passen, der Sitz und die Länge des Sattelblatts müssen zum Reiter passen.“ (Julie Richardsen’s Horse Tack, Complete Equipment for Riding and Driving, New York, 1981).
Das ist aber noch nicht alles, denn wie ich erst kürzlich geschrieben habe, gibt es so viele andere Teile des Sattels, die man berücksichtigen muss, wenn eine korrekte und bequeme Passform für Reiter und Pferd und gewährleistet werden soll. Die korrekte Methode, um die Sitzgröße eines englischen Sattels zu ermitteln, ist, ihn diagonal vom Sattelnagel seitlich am Vorderzwiesel bis zur Mitte des Sattels hin auszumessen. Die Sitzgrößen von Erwachsenen liegen zwischen 16 und 19 Zoll, 17 bis 17, 5 Zoll sind am häufigsten. Allerdings variiert diese Zahl, denn die Sattelnägel können an ganz unterschiedlicher Position sitzen, abhängig von der Laune des Sattlers an diesem besonderen Tag. Reiter sollten unterschiedliche Macharten von Sätteln ausprobieren und herausfinden, welche sich für sie am bequemsten anfühlt. Selbst ein halber Zoll kann schon einen großen Unterscheid ausmachen.
Auch unterschiedliche Macharten der gleichen Größe können sich anders anfühlen. Es ist wie beim Schuhkauf. Man muss ein Paar anprobieren und in ihm gehen, um entscheiden zu können, was tatsächlich passt.
Zusätzlich variieren die Sattelbäume in der Breite am Twist. Das ist die Region, an der die inneren Oberschenkel liegen. Auch der tiefste Punkt und die Menge an Polsterung im Sitz können sich unterscheiden. Natürlich gibt es immer Trends oder bekannte Reiter, die die Wahl eines bestimmten Sitzes oder anderer Merkmale eines Sattels beeinflussen. Wenn Sie ein Modell gefunden haben, das sich für Sie bequem anfühlt, muss es auf den Pferderücken aufgelegt werden, damit man sehen kann, wie es auf den Rücken Ihres Pferdes passt. Sie wissen, dass der Sattel sich für Sie so bequem anfühlen sollte, dass Sie sich darin wohl fühlen. Ihr Unbehagen kommt beim Pferd in jedem Fall an, egal wie gut ihm der Sattel passt. Die Sattelgröße wird nicht nur vom Reiter, sondern auch von der Länge des Pferderückens bestimmt. Damit es sich fürs Pferd bequem anfühlt, kann man die Sattelkissen anpassen. Hat man beispielsweise einen größeren Reiter mit einem Sitz von 18 Zoll, der auf einem sehr kurzrückigen Pferd sitzt, können die Kissen verkürzt werden, damit gewährleistet ist, dass sie keinen Druck auf Reflexpunkte ausüben. Andernfalls könnte der Pferderücken schmerzen oder es könnte zum Buckeln kommen. Die Kissen sollten nicht hinter dem 18. Brustwirbel liegen. Die Größe des Sattelblatts spielt ebenfalls eine Rolle. Die Reiterin muss ausgemessen werden, damit sichergestellt ist, dass der Reiterschenkel durch das Sattelblatt korrekt „abgedeckt“ ist.
Die korrekte Lage auf dem Pferd ist unabdinglich. Der Sattel sollte auf dem Widerrist des Pferdes aufgelegt und dann nach hinten gezogen werden, damit das Fell glatt und gleichmäßig bleibt. Die Ortspitzen sollten direkt hinter dem Schulterblatt liegen. Der Schwerpunkt des Sattels sollte parallel zum Boden verlaufen. Dadurch wird gewährleistet, dass er korrekt liegt.
Hier wird die dreidimensionale Form des Pferderückens mit einem Bogen dem Arc Device.
Von hinten gesehen kann man leicht beurteilen, ob der Sattel gerade liegt. Die meisten Pferde sind nicht gleichmäßig bemuskelt. Die Polsterung kann dann so angepasst werden, dass sie diese Ungleichheit spiegelt. Zwischen Widerrist und Vorderzwiesel sollten rundherum zwei bis drei Finger passen. Mit dem Reitergewicht im Sattel und dem Zug durch den Sattelgurt wird sich dieser Raum verringern. Der Sattel darf an keinem Punkt die knöcherne Wirbelsäule berühren. Daher muss der Kissenkanal breit genug sein. Er darf nirgendwo auf die Dornfortsätze oder das Bandsystem des Pferderückens Druck ausüben. Außerdem soll der Sattel weder schaukeln, noch eine Brücke bilden.
Schließlich kann die Reiterin aufsitzen, damit man herausfinden kann, ob ihre oder seine Sitzposition korrekt ist. In der Dressur sollen Schulter, Hüfte und Absätze beispielsweise eine gerade, vertikale Linie bilden. Manchmal haben Reiter das Gefühl, zu weit hinten im Sattel zu sitzen. Dann wird häufig der Versuch unternommen, diesen Umstand durch ein zusätzliches Pad, etwa ein Keyhole Pad aus Kautschuk, auszugleichen, was aber leider meist keine Wirkung zeigt. Der Kautschuk lässt sich so stark zusammendrücken, dass er eigentlich nichts bewirkt außer einem schwimmenden Gefühl auf dem Pferderücken. Stattdessen sollte man korrekt polstern oder mit einem Keilkissen für mehr Höhe sorgen, so dass die Reiterin in ihrer Sitzposition mehr nach vorn kommt. Korrekt angepasste Polsterung meint nicht zwangsläufig mehr Polsterung. Das Kissen ist ja vor allem eine Dämpfung. Zu viel Polsterung ist genauso schlecht wie zu wenig Polsterung, da es die Kissen hart macht und so den dämpfenden Effekt verhindert. Unter einem korrekt angepassten Sattel braucht man lediglich ein dünnes gestepptes Baumwollpad, das nichts tun soll, außer das Leder zu schützen.
Die meisten neuen Sättel haben eine relative lockere Füllung aus einer Wolle-Synthetik-Mischung, die sich dem Pferderücken angepasst hat, nachdem man etwa ein halbes Jahr lang regelmäßig geritten ist. Das ist der Zeitpunkt, an dem die erste Polsterung erfolgen sollte, die etwa alle zwei Jahre überprüft werden muss. Kissen, die mit Schaum- oder Filz befüllt wurden, können nicht aufgepolstert werden. Entweder sie passen, oder sie passen nicht. Hier arbeitet man dann mit Pads. Viele äußere Faktoren bestimmen mit, ob und wie gut Ihr Sattel passt oder nicht und wie sich die Passform im Laufe der Zeit verändert. Und behalten Sie im Hinterkopf, dass ein Sattel, der im Stand passt, nicht unbedingt auch in der Bewegung korrekt liegt.
Falls der Reiter nicht die Absicht hat, sich auf eine bestimmte Reitsportdisziplin zu spezialisieren, ist ein Vielseitigkeitssattel wahrscheinlich am besten geeignet. Dennoch sollte man die persönlichen Vorlieben, die Körpergröße und den Pferdetyp beim Sattelkauf berücksichtigen.
Vor allem sollten sowohl Sie, als auch Ihr Pferd sich wohl fühlen und im Gleichgewicht sein und mit dem Sattel Ihrer Wahl eine optimale Leistung erbringen können. Am Ende ist es eine sehr persönliche Entscheidung, was sich für Sie gut anfühlt und für Ihr Pferd funktioniert. Um Wissenschaft geht es dabei weniger.
Und nun hoffe ich, dass Sie bekommen, wonach Sie suchen und dass Sie dann einen kompetenten Sattelanpasser finden, der sicherstellt, dass Ihr Sattel seine Aufgabe für Sie und Ihr Pferd erfüllen kann.