Sabine Schleese
Veganismus ist in unserem Haushalt zu einem brisanten Thema geworden. Unsere Töchter leben beide vollständig vegan und haben alle tierischen Produkte aus ihrem Speiseplan verbannt, auch Honig und Milchprodukte. Aber auch ihre Kleidung, ihre Accessoires und ihre Kosmetikartikel sind vegan, ohne Tierversuche, ohne tierische Nebenprodukte.
Jochen und ich verzichten weitgehend auf Fisch und Fleisch. Ich finde es hart, auch Milchprodukte wegzulassen, denn ich liebe Käse und Joghurt einfach so sehr. Daher ziehe ich es vor, mich als Flexitarierin zu bezeichnen. Das bedeutet, dass ich so ziemlich alles esse, was auf den Tisch kommt, wenn wir bei Freunden zum Essen eingeladen sind. Zuhause koche ich jedoch in den meisten Fällen vegan.
Für mich ist es am wichtigsten, dass Tiere ethisch einwandfrei behandelt werden, dass sie gute Lebens- und auch Schlachtbedingungen haben. Ich habe zu diesem Thema unzählige Bücher gelesen und Dokumentationen gesehen. Vor allem, weil die Fleischindustrie weltweit in den nächsten Jahrzehnten so wenig nachhaltig ist, haben wir alle zusammen beschlossen, unsere Essensgewohnheiten zu verändern.
Ich möchte niemanden bekehren, aber eine Sache möchte ich doch herausstellen. Vor allem in Nordamerika könnte sich schon sehr viel zum Positiven verändern, wenn jeder nur an einem einzigen Tag in der Woche vegan essen würde. Man könnte sogar nur mit einer einzigen Mahlzeit anfangen! Das Problem ist nämlich, dass Nordamerikaner bei allen drei Mahlzeiten am Tag Fleisch essen. Um entsprechend viele Tiere zu halten, wird enorm viel Wasser und Land benötigt, und es werden viele Treibhausgase freigesetzt. Das hat einen sehr negativen Einfluss auf die Umwelt. Welches Erbe hinterlassen wir unseren Kindern? Nun, wo ich weiß, wie Tiere in großen Agrarfabriken behandelt werden, schäme ich mich, lange Zeit der Meinung gewesen zu sein, dass es sowieso nichts bewirkt, wenn ein Individuum (ich!) seine Gewohnheiten verändert.
Natürlich stellt sich die Frage, inwieweit, das, was ich eben gesagt habe, wirklich ehrlich ist, vor allem, wenn man bedenkt, in welchem Geschäft wir tätig sind. Leder ist ein Nebenprodukt der Fleischindustrie. Weltweit ist es daher bereits schwer erhältlich. In Nordamerika gibt es nahezu keine Gerbereien mehr. Als wir Mitte der 1980er Jahre von Europa hierher kamen, gab es in unserer Umgebung noch zwischen zehn und fünfzehn Gerbereien, von denen wir unser Leder bezogen. Jetzt beziehen wir fast 100 Prozent unseres Leders aus europäischen Gerbereien, da es auf unserem Kontinent keine einzige mehr gibt, die uns mit der Qualität beliefern kann, die für unser hochwertiges Produkt erforderlich ist. Doch wie können wir weiterhin dieses Leder verarbeiten, wo wir doch wissen, woher es kommt und wie die Tiere, die es liefern, gehalten und geschlachtet wurden? Diese Fragen, obwohl lange ignoriert, werden nun häufiger gestellt.
Schaut man sich die möglichen Ersatzprodukte an, also Skye (Vinyl) Leder, Kunstleder oder Lederalternativen, so sind einige von ihnen in der Textur und der Haptik „echtem Leder“ unglaublich ähnlich. Allerdings haben sie andere Nachteile. Sie sind sehr langlebig und nicht biologisch abbaubar. Das bedeutet, dass es sie sehr lange geben wird. Leder dagegen zerfällt mit der Zeit und löst sich auf.
Die sind die zwei Seiten der Medaille, die es braucht, um Entscheidungen treffen zu können. Eine Firma produziert „Leder“ aus Ananasfasern, doch es ist leider noch nicht soweit, dass sie uns mit einem Produkt beliefern könnten, aus dem sich Sättel herstellen ließen. Ihr „Leder“ wird derzeit noch zu Geldbörsen verarbeitet oder in der Möbelherstellung eingesetzt. Wir bleiben am Ball. Natürlich sind Neoprensättel schon lange auf dem Markt und haben ihr Für und Wider. Tatsächlich denke ich, dass sich die Industrie in den nächsten fünfzig Jahren in dieser Richtung weiter entwickeln wird. Mich würden Ihre Gedanken zu diesem Thema interessieren. Sind Sie bereit, in Nicht-Leder-Sätteln zu reiten, die zwar aussehen und sich anfühlen, wie Ledersättel, die aber nicht aus Tierhäuten hergestellt sind?