Die korrekte Anpassung des Kopfstücks. Teil II

von Redaktion

Die korrekte Anpassung des Kopfstücks. Teil II

von Redaktion

Jochen Schleese

Sie haben alles in Ihrem Kopf- oder dem Ihres Pferdes…

Wissenschaftler haben festgestellt, dass zwischen den Schneidezähnen des Pferdes mindestens 12,5 mm Raum sein muss, in dem das Gebiss liegen kann. Das ist ungefähr der Platz, in den auch eine Karotte passen würde. Auf diese Weise ist es dem Pferd möglich, auch dann entspannt zu kauen, wenn es ein Gebiss trägt. In der Region, in der der Genickriemen liegt, liegen auch zwei Akupunkturpunkte, die die Beweglichkeit des Halses, die Rückenbewegung und die Versammlungsfähigkeit des Pferdes beeinflussen.

Sind der Sperr- oder der Nasenriemen zu eng verschnallt, werden nicht nur diese Akupunkturpunkte blockiert, sondern auch der Energiefluss in den Meridianen, die auf beiden Seiten des Kopfes verlaufen (u.a. Dickdarm- und Dünndarm-Meridian). Das beeinflusst sowohl die Biegsamkeit der Hanken, als auch die freie Atmung.

Übt das Genickstück an der Schädelbasis zu viel Druck aus, so kommt es zu Störungen. Experimente haben gezeigt, dass sich der Druck hier im Galopp verdoppelt, wenn das Pferd am Zügel steht. Da der Nerv hier auch mit der Haut an den Ohren verbunden ist, mag sich das Pferd nicht mehr gerne an den Ohren anfassen lassen, wenn das Genickstück zu viel Druck ausübt. Außerdem ist der Nerv mit der Zungenmuskulatur verbunden, was unter Umständen zu weiteren Problemen mit der Vorhand führen kann, da die Zungenmuskulatur mit vielen Muskeln in Beziehung steht, die für die Vorhandbewegung zuständig sind. Ich weiß, dass das völlig abwegig klingt, aber anatomisch ist es korrekt.

 

Pferdeschädel. Pferdeschädel     Foto: Steffi Neumann, aus dem Buch „Silent Killer“ (Kosmos Verlag)
Pferdeschädel. Pferdeschädel Foto: Steffi Neumann, aus dem Buch „Silent Killer“ (Kosmos Verlag)

Das Jochbein

Ein zu eng verschnallter Nasenriemen übt nicht nur zusätzlichen Druck auf das Genickstück aus, sondern drückt außerdem auch noch auf einen Nerv und wirkt auf einen Akupunkturpunkt ein. Der Nerv tritt direkt aus dem Jochbeinbogen, der sich unter dem Nasenriemen befindet, aus.

Der Nasenriemen einiger Zaumzeugmodelle entspricht dem Austrittspunkt zweier Nervenäste („Nervus trigeminus“ und „Nervus facialis“) am „Foramen infraorbitale“, das man am oberen Ende des Oberkieferknochens ertasten kann. Die Trense muss korrekt angepasst und verschnallt sein, damit sie an diesen Knochenvorsprüngen nicht drückt oder reibt. Obwohl es durch Druck auf einen Knochen nicht unbedingt zu Knochenschädigungen kommt, verursacht er Schmerzen. Es entwickelt sich eine so genannte Drucknekrose, die zu Haarausfall oder zur Bildung weißer Haare führen kann und entspricht den Problemen, die Druckstellen durch den Sattel verursachen.

 

V Trigeminus Nerv  V1 Ophtalmischer Nerv (Augen)  V2 Maxillar Foramen V3 Mandibular Foramen
V Trigeminus Nerv V1 Ophtalmischer Nerv (Augen) V2 Maxillar Foramen V3 Mandibular Foramen

 

Aus den Abbildungen oben wird ersichtlich, wie komplex die Hirnnerven des Pferdes und die Lage der maxillaren, infraorbitalen, mandibularen und mentalen Foramen am Pferdeschädel sind. Die Komplexität und der Ursprung der Nerven und Foramen verdeutlichen, wie wichtig es ist, sich für ein entsprechendes Zaumzeugmodell zu entscheiden und es korrekt anzupassen, so dass diese Nerven nicht behindert werden oder übermäßiger Druck auf sie ausgeübt wird, denn das führt unweigerlich zu Schmerzen und/oder Unbehagen.

Quelle: Internet. Grafik: Atlas der Anatomie des Pferdes, Klaus-Dieter Budras, W.O. Sack und Sabine Rock, Schlütersche, 2013.

Der Unterkiefer

Viele der Nerveneintrittspunkte sind auf dem Pferdeschädel leicht zu sehen. Einer der Wichtigsten befindet sich am Unterkiefer, am  “Foramen mentale”.  Das liegt in der Nähe der Maulspalte des Pferdes. Beim Anbringen der Kette muss besonders darauf geachtet werden, dass sie nicht zu straff gespannt ist.

Die Ohrspeicheldrüsen

Der Druck hier bewirkt, dass das Pferd Speichel produziert, was zur Kaubewegung führt. Ist das Zaumzeug in dieser Region zu eng, wird das Pferd daran gehindert, zu kauen. Die erhöhte Speichelproduktion  verursacht dann Stress und Muskelverspannungen beim Pferd. Der Speichel wird nicht geschluckt, sondern tropft einfach aus dem Maul des Pferdes.

Unterhalb dieser Drüse, die mit einem Nerv im Ohr verbunden ist, liegt das Zungenbein. Zu viel Druck kann auch die Fähigkeit des Pferdes, in Balance zu bleiben, beeinträchtigen.

Weitere Akupunkturpunkte liegen an der Ohrbasis, dort, wo der Stirnriemen liegt. Einer der Akupunkturpunkte sorgt für die Beweglichkeit von Kiefer und Ileosakralgelenk (Kreuzdarmbeingelenk) und beeinflusst den Blasen-, Gallenblasen- und Dünndarmmeridian, die auf die Bewegung der Vor- und Hinterhand einwirken.

In einer an der Universität Sydney durchgeführten Studie wurde der Einfluss zu eng geschnallter Nasenriemen auf die Kautätigkeit, die Augentemperatur und die Herzschlagfrequenz an 12 Pferden untersucht. Dabei wurde ein schwedisches Reithalfter mit  Kandarenzäumung eingesetzt. Bei einem zu eng geschnallten Nasenriemen wurden Stressindikatoren, wie erhöhter Herzschlag und höhere Augentemperaturen festgestellt.

 

Das Pferd hat aufgrund des extrem festgezogenen Sperrriemens eindeutig Atembeschwerden. Quelle: Internet
Das Pferd hat aufgrund des extrem festgezogenen Sperrriemens eindeutig Atembeschwerden. Quelle: Internet

Die Nüstern

Nasenriemen und Sperrriemen dürfen nicht zu weit unten auf dem Pferdegesicht liegen, damit sie die Nüstern nicht verschließen und die Atmungsfähigkeit des Pferdes beeinträchtigen und zusätzlich zu einem Wärmerückstau in der Lunge führen. Dies gilt vor allem auch für das hannoverschen Reithalfter, das darüber hinaus noch auf zwei wichtige Akupunkturpunkte wirkt, wenn es zu tief und fest verschnallt ist.

Die Backen

Nasen- und Sperrriemen können auch für Probleme der Schleimhäute im Maul verantwortlich sein. Werden sie zu eng verschnallt, können die Zahnkanten im Oberkiefer gegen die Schleimhäute und gegen die Haut der Backen drücken und Verletzungen verursachen.

Dies ist besonders schmerzhaft, wenn die Zähne eine Zeit lang nicht bearbeitet wurden und Haken oder scharfe Kanten haben. Es ist wichtig, dass die Riemen locker verschnallt werden und zwei Finger Platz haben. Kombinierte Reithalfter mit Nasen- und Sperrriemen werden normalerweise nur verwendet, wenn das Pferd das Maul aufsperrt oder dazu neigt, die Zunge über das Gebiss zu nehmen.  Auch der Kehlriemen sollte selbstverständlich locker genug sein, um 2-3 Fingern Platz zu bieten. Er sollte niemals so eng sein, dass er dicht auf der Pferdebacke anliegt.

Es stellt sich die Frage, ob sich Ihr Pferd mit einer zusätzlichen Polsterung vor allem unter dem Nasen- und Genickriemen wohler fühlen könnte. Tatsächlich hat sich herausgestellt, dass sich der Druck für das Pferd mit zusätzlicher Polsterung erhöht. Das gilt vor allem für den Genickriemen und entspricht etwa dem Tragen eines zu engen Reithelms.  Die dadurch verursachten Kopfschmerzen können Sie sich sicherlich vorstellen! Am Nasenriemen hat die zusätzliche weiche Polsterung durchaus eine positivere Wirkung und wird heutzutage von vielen Herstellern von Anfang an in ihre Trensen integriert.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es immer am besten ist, mehrere Zaumzeuge an Ihrem Pferd auszuprobieren, um festzustellen, was für Ihr Pferd am besten funktioniert. Jedes Pferd ist anders, und Sie werden vielleicht feststellen, dass eine Kombination aus unterschiedlichen Teilen und Größen die beste Lösung für Ihr besonderes Pferd darstellt. Verwenden Sie ein neues Kopfstück mehrere Male beim Reiten, denn alles Neue kann zunächst zu Verhaltensänderungen führen.

Natürlich spielt auch das Gebiss eine wichtige Rolle. Sie als Reiter wissen jedoch am besten, was Ihr Pferd mag, und können seine Reaktionen richtig deuten.  Im nächsten Blog werde ich einige der gebräuchlichstern Zaumzeugtypen mit ihren Vor- und Nachteilen besprechen.

 

Übersertzung: Ute Ochsenbauer

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