Die Sattelpassform in den unterschiedlichen Reitsportdisziplinen

von Redaktion

Die Sattelpassform in den unterschiedlichen Reitsportdisziplinen

von Redaktion

Die Sattelpassform in den unterschiedlichen Reitsportdisziplinen

Die Sattelpassform in den unterschiedlichen Reitsportdisziplinen 

Jochen Schleese

Neulich wurde ich gefragt, ob es falsch oder gefährlich sei, in einem Dressursattel zu springen oder in einem Springsattel Dressur zu reiten. Zumindest theoretisch und vorausgesetzt, dass dies nicht regelmäßig geschieht, sollte das kein Problem sein und keine weitreichenden Konsequenzen haben.

Wenn man aber darüber nachdenkt, generell eine zweite Disziplin zu reiten, so gibt es handfeste Gründe dafür, warum man dann auch einen Sattel wählen sollte, der genau für die Disziplin gebaut wurde, in der man ihn einsetzen will. Und das gilt sowohl für Sie, als auch fürs Pferd.

Ihre persönliche Sattel-Check-Liste:

Diese Punkte helfen Ihnen, zu entscheiden, ob ein bestimmter Sattel sich für die Dressur (D) oder fürs Springen (S) eignet:

– Hängt Ihr Bein bequem und unangestrengt gerade herunter? (D)

– Ermöglicht das Sattelblatt Ihrem Bein, Sie über dem Sprung in einer optimalen Position zu unterstützen? (S)  

– Fühlt sich der Sattel zwischen Ihren inneren Oberschenkeln bequem an? (Hier befindet sich der Twist.) Oder haben Sie eher das Gefühl, hier „überdehnt“ zu werden, so dass Ihre Hüften schmerzen? (D/S)

– Fühlen Sie Ihre Sitzbeine? (D/S)

– Befinden sich die Sturzfedern in der korrekten Position, so dass Ihnen die Lotrechte von Schulter, Hüfte und Absatz leicht fällt? (D)

– Liegt Ihr Knie bequem auf dem Sattelblatt oder wird es nach außen gedreht (D/S)

– Sieht man das Sattelblatt hinter Ihrem Schenkel noch, nachdem Sie den Steigbügel aufgenommen haben? (D/S)

– Können Sie Ihr Becken bequem nach vorne oder hinten kippen, ohne dass Ihr Schambein oder Ihre Schrittregion schmerzt? (D)

– Behindern die Sattelpauschen die Bewegung Ihrer Hüfte, Knie oder Fußgelenke? Sind sie zu lang, zu groß oder zu klein? Unterstützen sie Sie, oder sind sie störend? (D/S)

– Können Sie beim Leichttraben bequem und mühelos aufstehen? (D)

– Ist vor und hinter Ihrem Becken genügend Platz, so dass Sie sich beim Traben nicht die Sitzbeine stoßen? (D/S) Und so, dass Sie beim Aussitzen nicht aus dem Sattel und an den Hinterzwiesel geworfen werden? (D)

– Ist das Sattelblatt lang genug, so dass sich das obere Ende Ihres Stiefelschafts nicht darin verfängt? (D/S)

– Stört die Naht des Sitzes Sie, bemerken Sie sie? (D/S)

– Sind Sie im Schritt im Gleichgewicht? (D/S) Unterstützt der Sattel Sie ausreichend, so dass Sie in der Schrittbewegung des Pferdes korrekt sitzen? (D/S)

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Die Reiterin muss Ihren Schwerpunkt an dem des Pferdes ausrichten. Dies ändert sich abhängig von der Disziplin und der Situation und wird durch die Sattelwahl unterstützt. 

Sobald Sie sich diese Fragen beantwortet haben und sich mit und in Ihrem Sattel wohl fühlen, ist er vermutlich eine gute Wahl für Sie. Der tiefste Punkt des Sattels, sein Schwerpunkt also, variiert je nach Reitsportdisziplin und Geschlecht des Reiters. Beim Springsattel liegt der Schwerpunkt immer weiter hinten als beim Dressursattel. Das kommt der Reiterin entgegen, wenn sie sich in einer normalen Sitzposition ausbalancieren will. In einem Dressursattel muss die Reiterin permanent ausbalanciert sitzen und ihr Schwerpunkt muss sich an dem des Pferdes ausrichten.

Egal um welche Disziplin es sich handelt, das Ziel der Reiterin sollte sich immer am momentanen Gleichgewichtspunkt des Pferdes orientieren und diesen erhalten. Durch die Bewegung ist er ständig im Fluss und wird durch korrektes Reiten ebenfalls beeinflusst. Korrektes Reiten wiederum ist nur im korrekten Sattel möglich.

Der Sitz sollte sich für die Reiterin bequem anfühlen. Darüber hinaus hat er großen Einfluss auf die Fähigkeit der Reiterin, korrekt und im Gleichgewicht zu sitzen, dem Pferd gute Hilfen zu geben und eins mit dem Pferd zu werden, so dass die Lektionen harmonisch geraten. Auch Springreiter sollten ihrem Pferd eine korrekte dressurliche Grundausbildung gewähren. Und damit sie korrekt wird, muss sie in einem Dressursattel erfolgen. Mir ist klar, dass es etwas nervt, den Sattel dann zum Springen wieder zu wechseln.

Der Begriff Sitztiefe wird unterschiedlich interpretiert und ist mit einer Vielzahl von Erwartungen verbunden, sowohl in der Reitsportindustrie, als auch in den Reitsportdisziplinen. Manche sind der Meinung, dass sich die Sitztiefe lediglich darauf bezieht, wie viel Platz der Reiter zwischen Vorderzwiesel und Hinterzwiesel im Sattel hat. Andere glauben, dass die Sitztiefe vor allem anzeigt, wie viel Kontakt die Reiterin über ihren Sitz zum Pferd fühlt, während sie vorne und hinten im Sattel genügend Bewegungsfreiheit hat. Wie auch immer die Definition der Sitztiefe lautet, Reiter sollten niemals so eingeklemmt im Sattel sitzen, dass keinerlei Bewegung möglich ist.

Es gibt wesentlich mehr Ausführungen über die Passform von Dressursätteln, als über Springsättel. Das liegt daran, dass man „im“ Dressursattel mehr Zeit verbringt, als „auf“ dem Springsattel. Wenn die Reiterin sich im Sattel nicht wohlfühlt, wird sich ihr Unbehagen auch dem Pferd mitteilen und sein Wohlbefinden und seine Leistungsfähigkeit beeinflussen. Sehr viel mehr Hersteller von Dressursätteln beziehen die Bedürfnisse des Pferdes mit ein und verbauen Kissen, die die Schultern entlasten oder weitere Kissenkanäle. Dennoch sind nicht alle Problempunkte gelöst.

Was Springsättel angeht, so sind die Bedürfnisse, die ein Pferd in puncto korrekte Sattelpassform hat, vielleicht sogar noch wichtiger. Die Reiterin ist hier oft im leichten Sitz, also in einer Zwei-Punkt-Position, die sie aus dem Sattel heraushebt. Leider haben die meisten Springsättel, die ich in Augenschein genommen habe, selbst noch die grundsätzlichsten Erfordernisse des Pferdegebäudes außer Acht gelassen. Es gibt immer noch zu viele Springreiter, die „Passformprobleme“ mit einem Pad nach dem anderen beheben wollen, was die ganze Idee von Close-Contact Springsätteln ad absurdum führt. Selbst der weltweit wahrscheinlich prestigeträchtigste Hersteller von Springsätteln hat sich die Anatomie von Pferden offensichtlich nie genauer angesehen. Der Kissenkanal ist noch immer lediglich zwei Finger breit, die Ortspitzen zeigen nach vorne und es gibt keine Entlastung der Schulter, die sich der aufwärts/rückwärts Bewegung der Schulter über dem Sprung anpassen würde.

Die meisten Springsättel liegen immer noch zu weit vorne über den Pferdeschultern auf. Ironischerweise werden dann noch mehr Pads benötigt, die den hinteren Teil des Sattels nach oben bringen, damit er zumindest so aussieht, als sei er ausbalanciert und als lägen Vorder- und Hinterzwiesel auf einer Höhe. Ich war erstaunt, dass einer unserer Top-Springreiter (der Name soll ungenannt bleiben) auf einem Turnier im Jahre 1986 mit ungelogen zwei Keyhole Pads, einer Sattelunterlage aus Memory Foam und einem Lammfellpad unter seinem „close-contact“- Sattel startete. Damals kam ich gerade aus Deutschland und war an die deutschen Springsättel gewöhnt, die völlig anders aufgebaut waren, als die in Nordamerika üblichen dünneren „close-contact“ Sättel im französischen Stil. Die deutschen Sättel sind „größer“ und mit Wolle gepolstert, damit sie genauso anpassbar sind wie die Dressursättel. Vermutlich sind unsere Springsättel deswegen nie so populär geworden, wie die Dressurmodelle.

In jedem Fall kann ein weicher, sensibler Sitz nur dann erreicht werden, wenn sich die Reiterin in harmonischer Übereinstimmung mit ihrem Pferd bewegt und beide im Gleichgewicht sind. Die Steigbügelaufhängung (oder Sturzfeder) muss die richtige Länge und Lage haben, der Twist muss die korrekte Breite haben, die Sitzbreite muss genau wie die Höhe des Hinterzwiesels passen, egal, um welche Disziplin es sich handelt. Ein Dressursattel wird Sie aber über dem Spring einfach nicht ausreichend unterstützen und in einem close-contact Springsattel werden Sie einfach nicht in der Lage sein, ordentlich Dressur zu reiten, weil er es Ihnen unmöglich macht, korrekt ausbalanciert zu sitzen, mit der Lotrechten von Schulter, Hüfte und Absatz.

Das wäre, als würde man mit hohen Absätzen joggen. Man kann das natürlich über eine kurze Strecke machen, genau wie man in Laufschuhen Gesellschaftstanz machen kann. Es ist nicht möglich, mit diesen Schuhen über den Boden zu gleiten. Es gibt einen Grund dafür, warum Dinge so und nicht anders gefertigt wurden, wenn sie einen bestimmten Zweck erfüllen sollen. 

Also lautet die kurze Antwort auf die ursprüngliche Frage, „es kommt darauf an“. Man muss eine Menge äußerer Faktoren berücksichtigen. Wenn Geldgründe den Ausschlag geben, könnte ein „Vielseitigkeits“- oder „Allzweck“sattel ein Kompromiss sein. Auch diese können mit ein wenig mehr Dressur- oder Springbetonung gefertigt werden, je nachdem, was Sie bevorzugen. 

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Ein Springsattel hat generell einen etwas flacheren Sitz, damit die Reiterin für ihre Positionswechsel über dem Sprung mehr Bewegungsfreiheit hat. Ein Dressursattel bietet normalerweise mehr Möglichkeiten in Bezug auf Sitzgröße und Designauswahl, um der jeweiligen Reiterin eine korrekt ausbalancierte Haltung zu ermöglichen.

Bildquelle: philippe oursel auf unsplash

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